In Flames hat geschrieben:
Wie kann man sich da überhaupt aufregen? Glotze aus und gut isses.
Eben nicht.
Wieso wird/wurde einerseits vor betrügerischen Hütchen-Spielern gewarnt und diese polizeilich und juristisch verfolgt ?
Bei 9Live handelt es sich doch offenkundig um bandenmäßig organisierten Betrug im großen Maßstab.
Den Leuten wurde/wird jahrelang vorgegaukelt (Tatbestand der vorsätzlichen Täuschung), dass die jeweils zu beantwortende Frage kein anderer Anrufer beantworten kann (weil ja keiner durchgestellt wird).
Diese Sendungen laufen doch immer nach dem gleichen Prinzip:
Erst gibt es ein paar schnelle Gewinner von relativ niedrigen Beträgen um die Leute anzuködern.
Dann wird wie durch ein Wunder bei einem wesentlich höheren Betrag erst immer genau am Ende von teilweise stundenlangen "Gewinn-Spielen" durch "Zufall" doch noch ein Anrufer durchgestellt.
Da ist doch offenkundig, dass da kein angeblicher Zufallsmechanismus entscheidet, ob ein Anruf durchgestellt wird, sondern irgendein Angestellter per Hand willentlich die Durchstellung ermöglicht oder eben die meißte Zeit bis zum Ende des Spiels dies unterdrückt (es ist faktisch unmöglich, dass ein Anrufer durchgestellt wird).
Die sog. Moderatoren erwecken jedoch durchgängig den Eindruck, dass jederzeit ein Anrufer durchgestellt werden könnte und dies angeblich nur durch einen Zufallsgenerator beeinflußt wird (z.B. "Sie müssen nur eine unserer Gewinn-Leitungen 3 oder 7 treffen", etc.).
Plus:
1. Häufig falsche Angaben über das tatsächliche Ende des jeweiligen Gewinnspiels ("noch drei Minuten" - und nach fünf Minuten heißt es denn "wir haben noch ein paar Minuten dazu bekommen, da wir das Geld doch unbedingt loswerden wollen" ....).
2. gefälschte Identitäten angeblicher Anrufer/Gewinner (darüber gibt es Aussagen etlicher "Aussteiger" aus dem Betrugs-Kartell).
Schein-Anrufer welche auch bei höheren Gewinnen durchgestellt werden und dann überraschend selbst die einfachste Frage nicht richtig beantworten können, um durch diese Täuschung den echten Anrufern zu suggerieren es wäre möglich durchgestellt zu werden um dadurch noch mehr Anruf-Versuche zu generieren.
Das ist der eigentliche Kern der vorsätzlichen und systematischen Täuschung.
Wenn das kein bandenmäßiger Betrug ist, ja dann ......
http://dejure.org/gesetze/StGB/263.html"Vermögensverlust großen Ausmaßes" trifft formal zwar nicht zu.
Jedoch nur bezogen auf den Schaden für die jeweils einzelnen Anrufer.
Durch das eingesetzte "Tatmittel" des massenwirksamen Mediums Fernsehen wird für das Betrugs-Kartell jedoch ein mehrstelliger Millionenbetrag p.a. ergaunert.
Der gesamtgesellschaftliche Schaden ist eben alles andere als marginal.
Jedoch ergeben sich teilweise auch individuell für Einzelne durch wiederholte Anrufe - angelockt unter Vorspiegelung falscher Tatsachen (Gewinn unmöglich und eben nicht zufällig wie ständig suggeriert) - erhebliche Schäden (bis zu 20 € pro Minute).
Und es werden durch wiederholte Aussagen wie "schon morgen haben Sie das Geld auf ihrem Konto" bevorzugt Personen angesprochen, welche kurzfristig bereits vorhandene Schulden so auszugleichen versuchen.
Wer ist so naiv, dass er wiederholt darauf reinfällt ?
Selber Schuld ?
Das könnte man auch auf die Opfer von Hütchen-Spielern übertragen.
Also sollte man dementsprechend auch Hütchen-Spielern ihre Gewinnspiele durchführen lassen (dazu braucht man zumindest etwas Kreativität und Fingerfertigkeit) ?
Nee, Hütchen-Spielern sind böse Verbrecher und Betrüger.
Aber die Lügen-Onkel und -Tanten im Fernsehen sind Moderatoren von Gewinnspielen.
Kann ja kein Betrug sein, weil es ja im Fernsehen läuft, oder wieso fühlt sich kein Staatsanwalt verantwortlich.
Statt dieses ganze Gesockse zu mehrjährigen Haftstrafen zu verdonnern, lobt stattdessen ein Edmund Stoiber das ganze auch noch als innovatives Medienkonzept und der Freistaat Bayern macht sich quasi zum Komplizen indem die anfallenden zusätzlichen Steuern freudig einverleibt werden.
Man muss sich doch nur mal die Teletext-Seiten diverser Privat-Sender ansehen.
Dort gibt es doch auch häufig sog. Tips ("neuer Job", "Hartz 4 Zusatzleistungen", "GEZ sparen", usw.).
Völlig wertlose Informationen welche durch teure SMS, FAX, etc. Abrufe für jeweils bis zu 5 € abrufbar sind (eben nicht im Teletext selbst).
Das ist doch letztenendes genauso kriminell.
9Live ist eben alles andere als ein singuläres Phänomen.
RTL mit seinen DSDS/Big Brother/Jungle-Camp Formaten arbeitet doch ähnlich (wenn auch juristisch noch weniger faßbar):
Leute (bevorzugt hormonell verseuchte Teenager) werden dazu getrieben für oder gegen irgendwen zu "voten".
Theoretisch werden unter sämtlichen Anrufer marginale Gewinne (häufig kaum mehr als 1000 € - wenn überhaupt) verlost.
Diese Gewinn-Ausschüttung steht dabei natürlich in keinem Verhältnis zu den Einnahmen in Millionenhöhe durch die Masse der Anrufe der "Votings".
Kreative mediale Geschäftsmodelle ?
Oder kreativer Betrug ?
Gesetze (zumindest für das Wirken von 9Live/ProSiebenMedia) sind zwar vorhanden.
Doch was nützen Gesetze, wenn kein Staatsanwalt tätig wird.
Stattdessen werden lieber Schwerverbrecher verfolgt die sich 'nen paar MP3s aus dem Internet saugen.
Es ist was faul im Staate .....