Samurai hat geschrieben:
Spanien ist spielerisch halt zu stark und lässt nicht zu daß ne andere Mannschaft als sie selber Dominanz auf dem Platz ausübt.
Richtig. Also ein anderes Kaliber als Argentinien und England sowieso.
Die Spanier haben eine Super-Mannschaft (vielleicht die beste der Welt).
Also wenn man jetzt mit 3:0 untergegangen wäre, könnte ich verstehen, wenn man sagen würde:"Schwamm drüber. Die Spanier waren zu gut."
Wir haben letztlich jedoch nur mit einem Tor Unterschied verloren.
Zudem ein eher vermeidbares aus einer ruhenden Situation.
Also kann man doch mal überlegen, ob nicht einiges von deutscher Seite besser gemacht werden konnte.
Jogi Löw ist das eigentliche Rätsel:
Einerseits hat er offensichtlich die Mannschaft insbesondere gegen England und gegen Argentinien taktisch bestmöglich eingestellt.
So, dass ihm beinahe schon die Aura des brillanten Fußball-Professors umwehte, also quasi ein Über-Trainer kurz vor der medialen Heiligsprechung.
Seine Auswechslungen heute riefen jedoch in unserer Runde erneut (wie schon beim Serbien Spiel) mittelschwere Verwunderung hervor.
Also, dass er Jansen für Boateng brachte, war ja noch nachvollziehbar.
Jansen sollte auf der linken Seite was für die Offensive tun.
Und offensichtlich war das ja auch eine Belebung.
Generell mangelte es dem deutschen Spiel heute an Kreativität (und Müllers Unbekümmertheit und Aggressivität) nach vorne.
Einige (die jungen Özil, Khedira, Kroos) wirkten ziemlich angespannt (aufgeregt) und haben nicht die Leistung gebracht, die man mittlerweile von ihnen erwartet (wenn man ihre tollen Leistungen gegen England und Argentinien als Maßstab nimmt).
Insgesamt hat die Mannschaft aber ihr Bestes gegeben.
Und einiges an Unsicherheit und Fehlern war eindeutig der durchgängig hervorragenden Qualität der Spanier geschuldet.
Richtig top auf deutscher Seite fand ich Schweinsteiger, Neuer und Klose.
Insbesondere Klose hat sehr viel Laufbereitschaft gezeigt und ist keinem (auch defensivem) Zweikampf aus dem Weg gegangen.
Er hat dabei auch seine technischen Qualitäten gezeigt.
Also im Fall Klose und für das Festhalten an ihm gegen starke Kritik, muss man vor Löw den Hut ziehen.
Das bedingungslose Festhalten an Podolski war jedoch letztlich ein Fehler.
Gut, Podolski hat auch Tore gemacht und auch einige Sachen vorbereitet (gleichzeitig jedoch auch stets einige Sachen aus Egoismus geradezu verballert).
Bloß heute war er nach meinem Eindruck ein Total-Ausfall und offensichtlich mit dem von den Spaniern geforderten spieltechnischem Niveau überfordert.
Özil stand heute auch eher neben sich (Aufregung ?).
Trochowski konnte einen Müller offenkundig nicht ersetzen.
Im Vergleich zum heutigen Auftritt von Podolski war Trochowski jedoch viel nützlicher für die deutsche Offensive.
Es ergaben sich da auf der rechten Seite einige gute Ansätze im direkten Kurzpass-Spiel zwischen Lahm, Özil und eben Trochowski.
Kroos zu bringen war sicherlich die richtige Idee.
Bloß statt Trochowski hätte Löw eher Podolski runternehmen müssen.
Insgeheim hat Löw wohl gehofft, dass Podolski doch noch mit einer Einzel-Aktion "explodieren" würde (so wie es Löw vor der WM angekündigt hatte).
Naja, also gut Kroos für Trochowski.
Die Durchschlagskraft nach vorne hatte sich nach diesem Wechsel aber auch nicht wesentlich vergrößert (wenn man mal den Jansen Effekt abrechnet).
Und dann fällt das 0:1 aus einer eher dummen Standard-Situation.
Nun sollte doch klar sein, dass man unbedingt ein Tor braucht und nicht weiter auf eine Verlängerung und mögliches Elfmeterschießen spekulieren kann (so wie es bei Löw heute den Anschein hatte).
Das Problem war ja heute, wie schon oben geschrieben die mangelnde Kreativität und Durchsetzungsfähigkeit im Mittelfeld.
Klose als Stürmer machte doch ansich einen guten Eindruck.
Was fehlte war die Unterstützung aus dem Mittelfeld, sprich die Vorlagen und Flanken (neben der richtigen Einwechslung von Jansen auf der linken Außenbahn).
Kreativität und die Fähigkeit auch mal einen oder zwei Gegenspieler ausspielen zu können, war gefragt.
Dafür haben wir eigentlich Özil im Mittelfeld (und Müller).
Bloß heute konnte er das offenkundig über die gesamte Spielzeit nicht abrufen (wohl auch weil ein Antreiber wie Müller fehlte).
Und hier sehe ich nun zwei gravierende Fehler von Löw:
Statt jetzt den neben Özil technisch besten Mann im direkten offensiven Eins-Zu-Eins reinzubringen - nämlich den kleinen und wendigen Marin - bringt Löw Mario Gomez.
Mario Gomez ?
Mario Gomez die Tor-Legende der Nationalmannschaft.
Dieser ungelenke, hüftsteiffe und lauffaule Stand-Fußballer.
Zum Glück hat er nicht allzuviel Minuten bei dieser WM bekommen.
Was der aber in dieser kurzen Zeit an Fehlpässen und verstolperten Annahmeversuchen produziert hat, war schon rekordverdächtig für das Guiness-Buch der Rumpel-Fußballer.
Also statt eines verhungernden Kloses vorne, verhungerten dort nun zwei Stürmer (eben Klose und Gomez).
Und tatsächlich wurden die notwendigen deutschen Offensiv-Bemühungen im Mittelfeld zusätzlich erschwert, indem durch die gleichzeitige Herausnahme des defensiven Khedira die Spanier ihrerseits mehr Raum für ihr eigenes Offensiv-Spiel bekamen.
Und zwar in der Weise, dass die durch Khediras Herausnahme entstandene Lücke nun von Mesut Özil defensiv zu besetzen war, um dem spanischen Offensiv-Drang standhalten zu können.
Also der Tausch Gomez für Khedira war ein eindeutiger taktischer Fehler.
Spätestens jetzt hätte Löw stattdessen Podolski runternehmen müssen.
Und statt Gomez hätte er eben Marin Özil an die Seite stellen sollen, um im Mittelfeld ein deutsches Übergewicht zu erzielen und so die Lücke zu Klose zu schließen.
Eine Garantie dass dies defintiv funktioniert hätte (sprich ein 1:1) gibt es natürlich auch nicht (eben weil die Spanier insgesamt so hochklassig sind).
Eventuell hätten die Spanier dann sogar noch das 2:0 erzielt.
Man hätte es jedoch zumindest versuchen müssen.
So wirkte das ganze deutsche Spiel am Ende zu ängstlich und mutlos.
Meine Kritik an Löw zusammengefasst:
Er hätte taktisch zumindest in den letzten 10 Minuten ein höheres Risiko gehen müssen.
Und de facto hat er nicht das volle Offensiv-Potential ausgeschöpft, indem er Marin auf der Bank gelassen hat anstatt auf den Zugewinn im Mittelfeld durch das in Bremen gewachsene Verständnis zwischen Özil und Marin zu setzen.
Oder hat Löw geglaubt, dass er bei den Spaniern Verwirrung hervorrufen könnte, wenn die bemerken, dass ein Spieler mit Namen Gomez bei den deutschen plötzlich mitspielt ?
Insgesamt kann man der Mannschaft auf dem Platz keinen Vorwurf machen.
Jogi Löw hatte aber eindeutig schon bessere Tage was Ein- und Auswechslungen angeht.
Schade.
Mit etwas mehr Mut und weniger Nibelungen-Treue gegenüber Podolski wäre eventuell mehr drin gewesen.
Und nachdem Gomez bereits bei seinen Einwechslungen in der Vorrunde (bzw. Quali für die WM) wiederholt bewiesen hat, dass er in der Nationalmannschaft ohne jede Wirkung ist, hätte Löw (nach dem Ausfall von Cacau) eher Kießling eine Chance geben sollen.
Wenn man an die paar Minütchen für Kießling beim Australien Spiel denkt, käme ich mir an seiner Stelle von Löw verarscht vor.
Nicht im Vergleich zu Klose oder Cacau.
Jedoch in Konkurrenz zu Gomez und dessen Einsatzzeiten.